Kleine Materialkunde für Fotografen

am: 12. Juli 2014 |

Zum Erlernen eines Handwerks gehört selbstverständlich auch die Materialkunde. Bei einem Tischler zum Beispiel liegt es auf der Hand, dass sich dieser mit den Eigenschaften von Holz auskennen muss. Aber wie ist das bei Fotografen? Was ist unser Material und welche Eigenschaften hat es?

Ich meine damit jetzt nicht das Material des Films oder des Papiers, auf dem zu Analogzeiten die Bilder entstanden sind, sondern das Ausgangsmaterial für alle unsere Bilder, das Licht. Wie der Tischler wissen muss welche Holzarten es gibt, welche Eigenschaften sie haben, und wie man das Holz bearbeiten kann, sollte ein Fotograf wissen, welche Eigenschaft sein Rohmaterial, das Licht, hat, und wie man damit gestalten kann.

Aber was ist Licht denn eigentlich? Ich zitiere Wikipedia:

Licht ist der für das Auge sichtbare Teil der elektromagnetischen Strahlung. Im elektromagnetischen Spektrum umfasst der Bereich des Lichts Wellenlängen von etwa 380 nm bis 780 nm. Dies entspricht Frequenzen von etwa 789 THz bis 384 THz. Eine genaue Grenze lässt sich nicht angeben, da die Empfindlichkeit des Auges an den Wahrnehmungsgrenzen nicht abrupt, sondern allmählich abnimmt. Die an das sichtbare Licht angrenzenden Bereiche der Infrarot- (Wellenlängen zwischen 780 nm und 1 mm) und Ultraviolettstrahlung (Wellenlängen zwischen 10 nm und 380 nm) werden häufig ebenfalls als Licht bezeichnet.

Die Einleitung klingt schon kompliziert, aber dann geht es erst richtig zur Sache. Nach einem kurzen Abriss zur Geschichte folgt eine Abhandlung über die physikalischen Eigenschaften des Lichts, beginnend mit dem Satz „Eine nach unserem heutigen Wissen vollständige Beschreibung des Phänomens „Licht“ kann nur die Quantenelektrodynamik liefern.“

Nun, über Quantenelektrodynamik möchte ich jetzt nicht schreiben, ich hab bei dem Wort selbst schon Probleme. Ich möchte vielmehr versuchen die Eigenschaften des Lichts zu beschreiben, die mir aus Sicht eines Fotografen wichtig erscheinen. Ich bitte die Physiker unter euch schon einmal um Entschuldigung, wenn ich dabei nicht immer die fachlich richtigen Begriffe verwenden werde.

Materialarten

Fangen wir mal, wie der Tischler, mit den Arten des Materials an. Da haben wir es einfacher als der Tischler, denn von unserem Material gibt es nur zwei Arten, natürliches und künstliches Licht.

Das natürliche Licht kommt, von ganz wenigen, für Fotografen nur in Ausnahmefällen relevanten Fällen, aus einer einzigen Lichtquelle, unserer Sonne. Ausnahmen wären zum Beispiel das Feuer, das Licht anderer Sonnen, dem Sternenhimmel, und fluoreszierende Pflanzen und Lebewesen.

Künstliches Licht kommt aus den verschiedensten Quellen, von der Nachttischlampe bis zur Flutlichtanlage. Eine besondere Bedeutung für die Fotografie hat dabei das Licht aus Blitzgeräten, von denen es wiederum verschiedene Arten gibt. Doch dazu später mehr.

Materialeigenschaften

Welche Eigenschaften des Lichts sind für uns als Fotografen denn wichtig? Die erste liegt auf der Hand, die Helligkeit.

Helligkeit, oder „Wenn die Sonne lacht, nimm Blende 8“

Da zitiere ich gerne einmal wieder Wikipedia:

Die Worte Helligkeit und Dunkelheit (auch Finsternis) werden meist für die subjektive Lichtempfindung benutzt, wie sie auf das Auge des Beobachters wirkt – Dunkelheit ist in diesem Sinne der niedrigere „Messwert“ an Helligkeit.

Dabei umfasst der Begriff zwei Konzepte.

– Das gesamte Licht, das ins Auge einfällt, was andererseits als Lichtverhältnisse oder Beleuchtung bezeichnet
– Die von einer Lichtquelle ausgestrahlte Lichtmenge, unabhängig davon, ob sie selbstleuchtend ist (Licht emittiert), oder nur eine Beleuchtung reflektiert

Und weiter geht es unter „Physikalische Definition“ mit:

Als rein physikalische Messgröße wird die Helligkeit von der Photometrie durch die Lichtstärke ersetzt, welche die von einem Objekt ausgehende, spektral gemittelte Strahlung in der Maßeinheit Candela (cd) angibt.

Okay, mit der Maßeinheit Candela können wir in der Fotografie in der Regel wenig anfangen, und den Begriff Lichtstärke verwenden wir anders, nämlich als eine Eigenschaft von Objektiven. Uns interessiert auch wie hell unser Motiv ist, aber wir geben die Helligkeit eher indirekt an, in dem wir sagen mit welchen Kameraeinstellungen wir „belichten“ müssen, um ein gut belichtetes Bild zu erhalten.

Der Fachbegriff dafür ist der Lichtwert (LW) oder englisch Exposure Value (EV).

Ein bestimmter Lichtwert definiert eine Schar von Blendenzahlen und Belichtungszeiten, die alle gleich viel Licht durchlassen: LW = log2 (Blendenzahl2/Belichtungszeit [s])

Ein Lichtwert von 0 ist somit definiert als die Belichtung, die zu Blende f/1 und einer Belichtungszeit von 1 s rechnerisch äquivalent ist. Jede Erhöhung des Lichtwertes um eins entspricht einer Halbierung der Belichtung (bei unveränderter Motivhelligkeit), jede Verringerung um eins einer Verdoppelung. Dabei können Lichtwerte auch negativ werden. Die Belichtung des Films bzw. Bildsensors (Lichtmenge pro Filmfläche) wird neben dem Lichtwert auch noch durch die Motivhelligkeit (Leuchtdichte des Motivs) beeinflusst. Aus der Leuchtdichte des Motivs und der Film-(Sensor-)Empfindlichkeit ergibt sich somit der Lichtwert, mit dem die Aufnahme richtig belichtet wird.

Quelle: Wikipedia

Die Farben des Lichts, oder „Zwischen Eins und Drei hat die Kamera frei“

Eine weitere für die Fotografie wichtige Eigenschaft des Lichts ist seine Farbe, oder besser seine Farben bzw. sein Spektrum. Stellen wir uns die Sonnenstrahlen als Wellen wie auf dem Wasser vor, so setzt sich z.B. das Sonnenlicht aus unterschiedlich langen Wellen zusammen, die wir als Farben wahrnehmen, wenn sie – wie zum Beispiel beim Regenbogen – aus dem Spektrum herausgefiltert werden.

Da durch die Atmosphäre der Erde einige Wellenlängen (Farben) aus dem Spektrum des Sonnenlichts gedämpft werden, ändert sich je nach Tageszeit und Wetter die „Farbtemperatur“ des Sonnenlichts. Morgens und abends, wenn die Sonne flach am Himmel steht, ist der Weg des Lichts durch die Atmosphäre länger, als er am Mittag ist, wenn die Sonne senkrecht steht. Dabei werden aus dem Spektrum hauptsächlich die kurzen, blauen Wellen gedämpft, sodass das Licht insgesamt wärmer wird, sich in Richtung gelb und rot verändert.

In der Fotografie ist die Berücksichtigung der Farbtemperatur wichtig, damit ein Motiv in den korrekten Farben aufgenommen werden kann, das heißt so, wie es dem natürlichen „Seheindruck“ entspricht. Die internationale Norm für mittleres Sonnenlicht beträgt 5500 Kelvin[3], es ist der Ton eines Sonnentages bei klarem Himmel am Vor- oder Nachmittag.

Mit dem Auge kann der Mensch Veränderungen der Farbtemperatur oft nicht wahrnehmen, weil unser Auge einen Trick anwendet, um die Farbverschiebung auszugleichen, die chromatische Adaptation.

Da die Netzhaut mit verschiedenen Typen von lichtempfindlichen Zellen ausgestattet ist, die für unterschiedliche Spektralbereiche empfänglich sind, kann durch Adaption auch der „Weißabgleich“ des Auges erledigt werden, die Chromatische Adaptation. Wenn in der neuen Lichtsituation eine andere Farbtemperatur vorherrscht, z. B. durch einen verstärkten Rotanteil, dann werden die rotempfindlichen Zellen ihre Empfindlichkeit im Verhältnis zu den anderen verringern. Als Resultat empfindet der Betrachter eine weiße Fläche anschließend ebenfalls wieder als weiß, obwohl sie eine proportional erhöhte Menge roten Lichtes reflektiert.

Was unser Auge automatisch macht, muss auch unsere Kamera machen, wenn die Bilder unserem Seheindruck entsprechen sollen. Moderne Kameras können das auch automatisch, aber weniger zuverlässig als unser Auge. Deshalb ist es oft erforderlich, z.B. mittels einer Graukarte, einen manuellen Weißabgleich zu machen.

Weiter Informationen zur Lichtfarbe: http://de.wikipedia.org/wiki/Lichtfarbe

Weitere Informationen zur Farbtemperatur künstlicher Lichtquellen: http://de.wikipedia.org/wiki/Farbtemperatur

Licht und Schatten

Eine weitere für Fotografen sehr wichtige Eigenschaft des Lichts ist eigentlich eher eine Eigenschaft der Lichtquelle und ihrer Position zu unserem Motiv. Es geht um hartes und weiches Licht. Diese Bezeichnung hat mich anfangs sehr verwirrt, weil ich mir unter hartem und weichem Licht nicht recht etwas vorstellen konnte. Leichter wird es, wenn man das auf die Schatten bezieht. Hartes Licht produziert hohen Kontrast und harte, scharf abgegrenzte Schatten. Weiches Licht erzeugt weniger Kontrast und weichere Schatten.

Entscheidend ist hier die Größe der Lichtquelle und ihr Abstand zum Motiv. Je größer die Lichtquelle und je näher sie am Motiv ist, desto weicher ist ihr Licht. Zum Beispiel erzeugt ein Systemblitz sehr hartes Licht, weil seine Leuchtfläche sehr klein, fast ein Punktlichtquelle ist. Profis benutzen daher allerlei Lichtformer, die die Leuchtfläche ihrer Blitzgeräte erheblich vergrößern, und so ihr Licht weicher machen. Softboxen oder Reflexschirme zum Beispiel, die es auch für Systemblitze gibt.

In der Natur ist meist die Sonne unsere Lichtquelle. Die ist nun zwar riesig und sollte daher ein sehr weiches Licht erzeugen, da sie aber auch extrem weit von unserem Motiv entfernt ist, wirkt sie wie eine Punktlichquelle und erzeugt für uns sehr, sehr hartes Licht. Portraits im direkten Sonnenlicht zu machen ist daher keine gute Idee, es sei denn man möchte den hohen Kontrast und die harten Schatten im Gesicht bewußt zu Gestaltung einsetzen. Ziehen aber leichte Wolken über den Himmel, so haben wir praktisch eine riesige Softbox vor der Sonne, die das Licht weich macht.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen an dieser Stelle ein paar Beispiele zu zeigen, aber dann bin ich auf ein fantastisches Video von Karl Taylor gestoßen, daß das alles viel schöner zeigt, als ich das könnte.

Genießt es

Quelle: http://www.karltaylorphotography.co.uk/

Ein Beitrag von Bernd Malöwsky

Kommentare sind deaktiviert.